Transdisziplinäres Forschungsnetzwerk „Videoanalyse religiöser Praxis“

Als Forscherinnen und Forscher unterschiedlicher Fachdisziplinen (Praktische Theologie, Linguistik und Soziologie) teilen wir das Interesse an gelebter Religion und ihrer videoanalytischen Erforschung. Aus diesem Grund treffen wir uns seit 2015 2-3mal im Jahr an der Goethe-Universität in Frankfurt (die sog. „Frankfurter Treffen“), um Fragen im Bereich von Multimodalität, Korporealität, Performanz und religiösen Praktiken zu diskutieren.
(Foto: Kathedrale von Havanna 03.03.2019, Foto KB)
- Die Frankfurter Treffen (2015 - 2019)Einklappen
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Seit 2015 treffen wir uns regelmäßig an der Universität Frankfurt. 10 Personen aus drei wissenschaftlichen Fachdisziplinen und zwei Ländern mit einem Anliegen: gelebte religiöse Praxis in ihrer Vielfalt zwischen Alltag und (kirchlicher) Institution mithilfe empirisch-qualitativer Methoden erforschen. Alles begann mit gemeinsamen Datensitzungen.
Datensitzungen:
- Bertram Schirr „Out of Tune: Diskrepanzen im kollektiven Fürbittgebet“
- Ursula Roth „Kirchliche Praxisvollzüge als performative religiöse Akte“
- Carolin Dix „Transition von Interaktionsräumen: Multimodale Eröffnung von Predigten“
- Christian Walti „Der reformierte Gottesdienst als Interaktionsritual“
Dank der überaus reichen und gewinnbringenden Diskussion können wir nun schon auf zahlreiche „Frankfurter Treffen“ zurückblicken und freuen uns auf weitere:
2015: 19.03.
2016: 21.07. | 02.12.
2017: 13.02. | 09.06.| 08.11.
2018: 31.01. | 23.05. | 04.07. | 21.09.
2019: 30.01.
- Das Projekt „Bibelperformanzen" (ab 2020)Einklappen
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Religiöse Identifizierung, Sinndeutung, Legitimierung und Orientierung erfolgen in sog. Schriftreligionen mittels Praktiken des Umgangs mit und der Referenz auf ‘heilige Schriften’. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Praktiken und deren Identifizierungs- und Orientierungsfunktionen infolge religiöser Transformationsprozesse (Säkularisierung, Pluralisierung, Individualisierung, aber auch Resakralisierung und Vergemeinschaftung) derzeit stark verändern. Das Projekt untersucht aktuelle Gestalten und Bedeutungen solcher Praktiken im Rahmen des Christentums a) als Formen des Umgangs mit dem Buch der Bibel als materiellem Objekt (Materialität) und b) als Verfahren der Bezugnahme auf Texte und ihre christlichen Texttraditionen (Textreferentialität).
Dazu werden die drei Praxisfelder ‚Ritual‘ (Gottesdienst), ‚religiöse Bildung‘ (kirchlicher Unterricht) und ‚Gruppenfrömmigkeit‘ (religiöse Kleingruppen) innerhalb von drei christlichen Religionskulturen – katholisch, evangelisch/reformiert, freikirchlich – und in der Schweiz und in Deutschland mittels videografischer und ethnografischer Methoden untersucht. Durch die unterschiedlichen religionspolitischen, religionskulturellen und konfessionellen Prägungen der beiden Länder kann ein umfassenderes Bild der Formen, Bedeutungen und Effekte performativer Relevantsetzung biblischer Texte nachgezeichnet werden. Ziel ist, ein breites Spektrum gegenwärtiger Bibelperformanzen aufzuzeigen und mit religionskulturellen, konfessionellen und kontextuellen Parametern zu korrelieren.
Von der materiellen Anwesenheit, d.h. den medialen Erscheinungsformen des Objekts ‚Bibelbuch’ (als Buch, Tablet etc.), bis zur immateriellen (verbalen) Referenz auf biblische Texte soll das komplexe Zusammenspiel von (Im)Materialität und Korporalität sichtbar gemacht und so Bibelperformanzen beobachtbar und analysierbar werden. Mediale Transformationen biblischer Texte werden nicht, wie sonst üblich, als defizitäre De-Materialisierung begriffen, sondern die interaktiven Praktiken der Textreferentialität in Korrelation zu ihrer medialen Repräsentation untersucht.
Interdisziplinär an der Schnittstelle von Praktischer Theologie und Interaktionaler Linguistik angesiedelt, führt das Projekt durch die Verwendung von Videoaufnahmen, die die Primärdaten bilden, den visual, performative, material und practice turn der letzten Jahre innerhalb der Theologie konsequent weiter. Damit ermöglicht es erstmals eine induktiv-deskriptive und multiperspektivische Bestandsaufnahme gegenwärtiger Bibelperformanzen. Mit der Analyse biblischer Texte in konkreten Modi des Sprechens und anderer Formen körperlicher Performanz bzw. Bezugnahme, von Prozessen der Konstruktion und Tradierung spezifischer Wissensformen sowie der Bildung und Aufrechterhaltung religiöser (Gruppen-)Identität leistet das Projekt einen Beitrag zur internationalen Debatte um religiös-materielle Kultur sowie zur sozio-religiösen Bedeutung ‚heiliger Schriften‘. Über die systematische Kontrastierung der Teilprojekte und die vergleichende Betrachtung der Kontexte in Deutschland und der Schweiz zielt es nicht nur auf die Herausarbeitung von Formen zeitgenössischer Bibelperformanz in verschiedenen religiösen Traditionen, sondern trägt auch zur übergreifenden Theoriebildung zu Bibelrelevanzen in der Gegenwart bei.
Beteiligte
- Prof. Dr. Karin BirknerEinklappen
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Universität Bayreuth
Germanistische Linguistik
- Prof. Dr. Ursula RothEinklappen
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Universität Erlangen
Praktische Theologie
- Prof. Dr. David PlüssEinklappen
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Universität Bern
Praktische Theologie
- Prof. Dr. Bernt Schnettler Einklappen
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Universität Bayreuth
Soziologie
- Dr. Sonja BeckmayerEinklappen
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Universität Mainz
Praktische Theologie
- Dr. Bertram SchirrEinklappen
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Universität Göttingen
Theologie
- Dr. Torsten CressEinklappen
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Universität Mainz
Soziologie
- Dr. Carolin Dix, M. A.Einklappen
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Universität Bayreuth
Germanistische Linguistik
- Dipl.-Theol. Anne GillyEinklappen
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Universität Frankfurt
Praktische Theologie
- Dr. Lukas Grill, M. A.Einklappen
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Universität Erlangen
Praktische Theologie
Ehemalige Beteiligte
- Dr. Christian WaltiEinklappen
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Pfarrer
- Dr. Katrin KusmierzEinklappen
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Universität Bern
Praktische Theologie